Aufsatz in Zeitschrift

Solidarpakt Ost in der Kritik: Sollte die Wirtschaftsförderung Ost beendet werden?

Reiner Haseloff, Thomas Lenk, Philipp Glinka, Berthold U. Wigger, Michael Thöne
ifo Institut, München, 2015

ifo Schnelldienst, 2015, 68, Nr. 23, 03-14

Ende 2019 läuft der Solidarpakt II aus. Sollte im Kontext der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen die Wirtschaftsförderung Ost beendet und in ein umfassendes Fördersystem für strukturschwache Regionen in Ost- und Westdeutschland integriert werden? Nach Ansicht von Reiner Haseloff, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, ist der Solidarpakt, auch wenn nicht alle der mit ihm verbundenen Ziele bis 2020 erreicht werden, nicht gescheitert. Es habe sich gezeigt, dass der Länderfinanzausgleich allein nicht in der Lage ist, die regionalen Differenzen in Deutschland auszugleichen. Daher bedürfe es einer Sonderförderung wie den Solidarpakt. Für Thomas Lenk und Philipp Glinka, Universität Leipzig, sind die Sonderbedarfe, die im Rahmen von Korb I des Solidarpakts berücksichtigt werden, nicht mehr pauschal im Osten Deutschlands zu verorten. Spezielle Fördermaßnahmen dagegen, wie sie derzeit u.a. mit Hilfe der Mittel aus Korb II des Solidarpakts durchgeführt werden, seien in den ostdeutschen Ländern weiterhin zwingend erforderlich, um diese langfristig in die ökonomische Lage zu versetzen, ihr Allokationsergebnis zu verbessern. Diese Maßnahmen müssten jedoch nicht im Rahmen eines Solidarpakts konstituiert werden. Berthold U. Wigger, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), sieht in den noch bestehenden Unterschieden in der Wirtschafts- und Finanzkraft zwischen Ost- und Westdeutschland keinen Grund für gesonderte Transfers für die ostdeutschen Länder. Dem Solidarpakt II sollte deshalb nach seinem Auslaufen kein weiterer folgen, sondern den Unterschieden Ost- und Westdeutschlands sollte mit den Instrumenten der Regionalpolitik begegnet werden. Michael Thöne, Universität zu Köln, schlägt eine »Solidarität 4.0 statt einem Solidarpakt III« vor. Ein Bund-Länder-Finanzausgleich nach dem Muster der Solidarität 4.0, der wegen seiner besseren Bedarfsorientierung in der Lage sei, die Mittelverteilung so anzupassen, dass eine gleichmäßige Finanzierung der öffentlichen Leistungen nach Maßgabe der objektiven Unterschiede erfolgt, sei auch der beste Nachfolger für den Solidarpakt II.

Schlagwörter: Finanzbeziehungen, Finanzausgleich, Länderfinanzausgleich, Wirtschaftsförderung, Ostdeutschland
JEL Klassifikation: H710, H720, H770

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ifo Institut, München, 2015