Aufsatz in Zeitschrift

Duale Ausbildung, ›Jugendgarantie‹ oder zusätzliche Hilfsfonds: Was tun gegen die Jugendarbeitslosigkeit in Europa?

Volker Rieke, Gerhard Bosch, Friedrich Hubert Esser, Klaus-Dieter Sohn, Sebastian Czuratis, Felix Rauner, Günter Lambertz
ifo Institut, München, 2013

ifo Schnelldienst, 2013, 66, Nr. 16, 03-24

Nach den neuen Zahlen von Eurostat liegt die Arbeitslosenquote in der Eurozone im Frühjahr 2013 bei Jugendlichen im Alter von 15 bis 24 Jahren bei über 23%. Während die Werte in Deutschland oder Österreich niedrig sind, sind sie in den europäischen Krisenländern erschreckend hoch. Wie ist das Problem der Jugendarbeitslosigkeit zu lösen? Volker Rieke, Bundesministerium für Bildung und Forschung, stellt die bilateralen Berufsbildungskooperationen des BMBF als Beitrag für mehr Jugendbeschäftigung in Europa vor: Auf Nachfrage des jeweiligen Partnerlandes werde gemeinsam eine Strategie entwickelt, um die Berufsbildungssysteme zu modernisieren, wobei die Implementierung von Elementen und Prinzipien des dualen Systems – angepasst an die Bedarfe und Gegebenheiten im jeweiligen Land – im Vordergrund stehe. Gerhard Bosch, Universität Duisburg-Essen, betont, dass die hohe Jugendarbeitslosigkeit strukturelle und konjunkturelle Ursachen, die man mit unterschiedlichen Maßnahmen angehen muss, hat. Die Einführung dualer Berufsausbildung erfordere einen Umbau von Institutionen, der nur langfristig zu erreichen sei. Kurzfristig müsse vor allem das konjunkturelle Prob lem angegangen werden. Friedrich Hubert Esser, Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn, unterstreicht, dass das Arbeitsmarktrisiko von jungen Menschen sehr stark von der aktuellen Situation der jeweiligen nationalen Arbeitsmärkte geprägt wird, die wiederum entscheidend von den Wirtschaftsstrukturen und der Wirtschaftskraft abhängt. Die aktuellen Probleme, die viele Länder in Südeuropa in diesem Bereich haben, könnten deshalb auch nicht allein durch eine Reform ihrer Berufsbildungssysteme behoben werden, die – bei allen Reformbemühungen – nur in längerfristiger Perspektive unter Berücksichtigung der jeweiligen Kontextbedingungen zu ändern seien. Klaus-Dieter Sohn und Sebastian Czuratis, Cent - rum für Europäische Politik, Freiburg, sehen vier Bereiche, die reformiert werden sollten: 1. müsse sich die Ausbildung an den Bedürfnissen der Unternehmen orientieren, ein erfolgreicher Weg sei die duale Ausbildung, 2. solle der Mindestlohn abgeschafft werden, 3. müsse die Arbeitnehmermobilität gefördert und 4. der Arbeitsmarkt flexibilisiert werden. Auch Felix Rauner, Universität Bremen, sieht in der Einführung der dualen Berufsausbildung das Instrument zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Er weist aber auch darauf hin, dass ihre Einführung langfristige ökonomische Entwicklungsprozesse und den Wandel von Bildungstraditionen voraussetze. Günter Lambertz, Deutscher Industrie- und Handelskammertag, hebt hervor, dass für den Erfolg des im deutschsprachigen Raum verbreiteten Systems der Berufsausbildung die enge Verknüpfung von Ausbildungs- und Arbeitsmarkt entscheidend ist. Die Ausbildung in den Unternehmen sorge für ihre Ausrichtung an den aktuellen Bedarfen der Betriebe. Hingegen sei bei rein schulischen oder außerbetrieblichen Ausbildungen die Gefahr einer Fehllenkung groß. Das gelte auch für Systeme, die einseitig auf die akademische Bildung setzen. Deshalb müssten, bei der Frage des Exports dualer Bildung, zunächst die Unternehmen für die Sache gewonnen werden.

Schlagwörter: Duale Ausbildung, Betriebliche Ausbildung, Berufsbildung, Berufsbildungspolitik, Lehrstellenmarkt, Jugendarbeitslosigkeit, Arbeitsmarkt, Junge Arbeitskräfte, Ausbildungsfinanzierung, EU-Staaten
JEL Klassifikation: I200, J210, J640

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Zeitschrift (Einzelheft)
ifo Institut, München, 2013