Aufsatz in Zeitschrift

EU-Gipfel: Kann eine Fiskalunion den Euro retten?

Charles B. Blankart, Peter Spahn, Henrik Enderlein, Sebastian Hauptmeier, Fédéric Holm-Hadulla, Max Otte
ifo Institut, München, 2012

ifo Schnelldienst, 2012, 65, Nr. 03, 03-20

Ende Januar einigten sich 25 EU-Staaten auf Schuldenbremsen, die sie auf eine Politik des ausgeglichenen Haushalts festlegen. Für den Fall von Abweichungen wird ein automatischer Korrekturmechanismus in die Regelungen integriert. Die Einfügung vom Schuldenbremsen in die nationalen Gesetzgebungen soll durch den Europäischen Gerichtshof überprüft werden. Charles B. Blankart, Humboldt- Universität zu Berlin, gibt zu bedenken, dass sich die Beschlüsse nicht ohne Regulierungsverluste durchsetzen lassen. Sie beinhalten wie jede andere Regulierung Lücken. So halten sich z.B. Rat und Kommission selbst nicht an die Schuldenverbotsregeln, die sie ihren Mitgliedstaaten vorschreiben. Vor diesem Hintergrund sei es bedenklich, dass das Team Merkel-Sarkozy bestrebt sei, Brüssel neue Kompetenzen einzuräumen. Für Peter Spahn, Universität Hohenheim, haben die Beschlüsse zum Einstieg in die Fiskalunion wenig Bezug zum Hauptproblem in der EWU: der Divergenz von Lohnkosten und Handelssalden. Im Grunde hätte sich die gegenwärtige EWU-Krise mit den fiskalpolitischen Reformen weder erkennen noch verhindern lassen. Eine Fiskalunion müsste mehr als nur Sparpolitik bieten. Notwendig wäre eine Unterstützung der Lohnpolitik bei der Bewältigung dieser makroökonomischen Ungleichgewichte. Henrik Enderlein, Hertie School of Governance, Berlin, sieht in der Kombination von ESFS und ESM die letzte Chance zu einer schnellen Krisenlösung. Nach Ansicht von Sebastian Hauptmeier und Fédéric Holm-Hadulla, EZB, ist die Einigung auf den neuen Fiskalpakt grundsätzlich zu begrüßen. Es müsse jedoch abgewartet werden, ob dieser in Zukunft tatsächlich den Grad an finanzpolitischer Disziplin sicherstellen könne, der für eine stabile makroökonomische Entwicklung im Euroraum notwendig sei. Dazu bedarf es einer effektiven Umsetzung, insbesondere auf der nationalstaatlichen Ebene. Für Max Otte, Universität Graz, sind die Schuldenbremsen letztlich ein Ersatz souveräner Wirtschaftspolitik der Einzelstaaten zugunsten von Automatismen, also eine Abdankung der Politik.

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Zeitschrift (Einzelheft)
ifo Institut, München, 2012