Aufsatz in Zeitschrift

Braucht Europa eine Koordinierung der nationalen Lohnpolitiken?

Hartmut Egger, Etzel Daniel, Hagen Lesch, Holger Zernanek, Christoph Moser
ifo Institut für Wirtschaftsforschung, München, 2011

ifo Schnelldienst, 2011, 64, Nr. 02, 03-15

In der aktuellen wirtschaftspolitischen Diskussion wird häufig auf stärkeren Koordinierungsbedarf in der Lohnpolitik hingewiesen. Nach Ansicht von Hartmut Egger und Daniel Etzel, Universität Bayreuth, sind eine stärkere Koordinierung arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen und eine kritische Debatte über gemeinsame arbeitsmarktpolitische Ziele innerhalb der Europäischen Union grundsätzlich sinnvoll. Allerdings können Regelungen in diesem Bereich jeweils nur unter Berücksichtigung der vorherrschenden Tarifautonomie getroffen werden. Ob aber eine derartige Koordination auch die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt erhöhen könne, sei bisher nicht Gegenstand der wissenschaftlichen Untersuchung gewesen. Hagen Lesch, Institut der deutschen Wirtschaft, hält eine Korrektur der Lohnstückkosten der Defizitländer relativ zu denen der Überschussländer für sinnvoll, um die Leistungsbilanzungleichgewichte abzubauen. Eine Koordinierung der nationalen Lohnpolitiken könnte diesen Prozess beschleunigen. Es bestehe derzeit aber weder ein Koordinationsanreiz noch eine allgemein akzeptierte Koordinationsregel. Holger Zemanek, Universität Leipzig, lehnt eine direkte bzw. supranationale Koordinierung der Lohnpolitik ab. Ein europäischer Konsens, dass Lohnsteigerungen nicht das Produktivitätswachstum übersteigen sollten, sei aber zu begrüßen. Die europaweit restriktiven Fiskalpolitiken sowie die lohnpolitische Stabilität Deutschlands stellen, seiner Meinung nach, aber bereits eine marktwirtschaftliche, indirekte Koordinierung der Lohnpolitiken in Europa dar. Auch Christoph Moser, ETH Zürich, findet eine Koordinierung der nationalen Lohnpolitik in Europa nicht förderlich für den Abbau der innereuropäischen Ungleichgewichte.

Schlagwörter: Lohnpolitik, Wirtschaftspolitik, Koordination, Ungleichgewichtstheorie, Interregionaler Handel, Lohnstückkosten, Preiswettbewerb, EU-Staaten, Deutschland
JEL Klassifikation: J300

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Zeitschrift (Einzelheft)
ifo Institut für Wirtschaftsforschung, München, 2011
in: ifo Schnelldienst, 2011, 64, Nr. 02