Aufsatz in Zeitschrift

Brauchen wir eine Frauenquote?

Barbara Steffens, Gregor Thüsing, Christine Bortenlänger, Jana Oehmichen, Marie-Christine Ostermann, Günter Buchholz
ifo Institut für Wirtschaftsforschung, München, 2010

ifo Schnelldienst, 2010, 63, Nr. 17, 03-15

Das Bundesjustizministerium und das Bundesfamilienministerium wollen einen Gesetzesvorschlag einbringen, der den Unternehmen vorgibt, auf Führungsebene eine eigene Frauenquote festzulegen und zu veröffentlichen. Nach Ansicht von Barbara Steffens, Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen, gibt es in Deutschland erhebliche Defizite bei der Gleichstellung von Frauen. So vergeude man nicht nur kostspielige Bildungsinvestitionen, sondern verliere auch kostbare kreative Potentiale für die Unternehmen. Deshalb werde sich die nordrhein-westfälische Landesregierung im Bundesrat für eine Quotierung von Aufsichtsräten in börsennotierten Unternehmen einsetzen. Zudem sollen in Nordrhein-Westfalen Maßnahmen ergriffen werden, um eine geschlechterparitätische Besetzung von Aufsichts- und Verwaltungsräten in landeseigenen sowie kommunalen Betrieben und Gesellschaften zu erreichen. Nach Gregor Thüsing, Universität Bonn, können gesetzgeberische Maßnahmen zur Geschlechtergerechtigkeit in Führungspositionen sinnvoll sein. Aber die Quote sei immer eine Ungerechtigkeit gegenüber dem Angehörigen des anderen Geschlechts, der zurückgestellt werde bei gleicher Qualifikation. Christine Bortenlänger, Bayerische Börse AG, ist für ein 100%iges Ja. Die Quote sei derzeit der schnellste Weg, einen Veränderungsprozess in Deutschland zu erreichen und gegenüber anderen Ländern aufzuholen. Nicht selten liege der Anteil von Frauen in Führungspositionen in anderen europäischen Industrienationen deutlich über dem deutschen Durchschnitt. Alarmierend sei diese Situation vor dem Hintergrund, dass Firmen mit gemischten Führungen bessere Ergebnisse erzielen und auch deutlich innovativer seien. Jana Oehmichen, Universität Karlsruhe, sieht die Einführung einer gesetzlichen Quote mit drei Gefahren verbunden: dem Generalverdacht der »Quotenfrau«, der Delegation wichtiger Entscheidungen in andere Gremien und dem Mangel an potentiellen Kandidatinnen. Marie-Christine Ostermann, Verband DIE JUNGEN UNTERNEHMER, ist der Meinung, dass man keine Quote brauche: »Denn man tut den Frauen in unserem Land keinen Gefallen, wenn man sie per Gesetz zu Quotenfrauen abstempelt. Das wäre kontraproduktiv für ein gleichberechtigtes Miteinander in den Unternehmen. Bei der Stellenbesetzung sollte allein die Qualifikation maßgeblich sein – und nicht das Geschlecht.« Und Günter Buchholz, Fachhochschule Hannover, sieht keinen Bedarf, da seiner Ansicht nach die Gleichberechtigung so gut wie erreicht sei.

Schlagwörter: Weibliche Führungskräfte, Unternehmen, Gleichberechtigung, Aufsichtsrat, Geschlecht, Deutschland
JEL Klassifikation: J440,J700,L000,M500

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ifo Institut für Wirtschaftsforschung, München, 2010