Aufsatz in Zeitschrift

EU-Vorgaben zur CO2-Minderung für die Automobilindustrie: Klimaschutz oder Industriepolitik?

Renate Künast, Winfried Herrmann, Matthias Wissmann, Karl Otto Schallaböck, Peter Hennicke, Ferdinand Dudenhöffer
ifo Institut für Wirtschaftsforschung, München, 2008

ifo Schnelldienst, 2008, 61, Nr. 03, 03-14

Die EU-Kommission will bis zum Jahr 2012 den Kohlendioxid-Ausstoß der in der EU verkauften Neuwagen im Mittel auf 130 Gramm CO2 pro Kilometer beschränken. Die Vorschläge gehen nach Ansicht von Renate Künast und Winfried Hermann, Bündnis 90/Die Grünen, nicht weit genug. Es sei zwar klar, dass die deutsche Automobilindustrie dieses Ziel nicht erreichen könne, aber die deutschen Autohersteller hätten zu sehr auf Geschwindigkeit und Luxus gesetzt und daher Umweltinnovationen verschlafen. Die Bundesregierung setze die Wirtschaftsinteressen der deutschen Automobilindustrie über den Klimaschutz und die Bedürfnisse der Verbraucher: »Nicht die EU-Kommission betreibt Lobby-Politik für Frankreich und Italien, sondern Merkel, Gabriel und Glos für Porsche, Mercedes und BMW«. Für Matthias Wissmann, Verband der Automobilindustrie, sind dagegen die Vorschläge der EU-Kommission nicht akzeptabel. Zwar sei man mit dem Ziel der Kommission, den CO2-Ausstoß von Personenkraftwagen auf einen Flottendurchschnittswert von 120g/km CO2 zu begrenzen, einverstanden, aber eine Verordnung zur Erreichung dieses Ziels müsse so konstruiert sein, dass sie wettwerbsmäßig neutral sei. Der vorgelegte Regulierungsvorschlag entspreche dieser Anforderung nicht. So werde unter anderem die Automobilindustrie mit Sanktionen belegt, die das Vielfache der Kosten anderer Industriezweige betragen. Nach Meinung von Karl Otto Schallaböck und Peter Hennicke, Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, hätte den Automobilherstellern »seit Jahrzehnten« klar sein müssen, welche gravierenden Umstellungen auf verbrauchsärmere und emissionsschwächere Fahrzeugkonzepte anstehen. Deshalb erscheine es vernünftig und angemessen, unausgeglichene Grenzüberschreitungen mit hohen Strafbeträgen zu belegen, damit diese ein wirksames Lenkungsinstrument darstellen, entweder die Emissionen zu senken oder sie auszugleichen. Für Ferdinand Dudenhöffer, Center Automotive Research (CAR) an der Fachhochschule Gelsenkirchen, hat die Kommission einen ökonomischen Vorschlag vorgelegt, der weiter verbessert werden kann. Die Verbesserung bedeute, das Pooling zum CO2-Handel zu erweitern: »Dimas ist dafür offen, die Verweigerer sitzen in den Autoverbänden.«

Schlagwörter: Kohlendioxid, Klimaschutz, Industriepolitik, Automobilindustrie, Deutschland, Europa
JEL Klassifikation: L620,Q250

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ifo Institut für Wirtschaftsforschung, München, 2008