Aufsatz in Zeitschrift

EU-Fördergelder: "Subventions-Hopping" oder sinnvolle Investitionsförderung - brauchen wir mehr Transparenz?

Christa Thoben, Hartmut Schauerte, Markus Pieper, Christoph M. Schmidt
ifo Institut für Wirtschaftsforschung, München, 2008

ifo Schnelldienst, 2008, 61, Nr. 05, 03-15

Der Fall Nokia hat in der Öffentlichkeit Empörung hervorgerufen und die Frage des Für und Wider von Subventionen für private Unternehmen aufgeworfen. Sind Investitionsförderungen durch Subventionen sinnvolle Standortpolitik, oder werden nur Mitnahmeeffekte erzielt? Christa Thoben, Ministerin für Wirtschaft, Mittelstand und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen, weist auf ein grundsätzliches Dilemma hin: »Wer sich dafür entscheidet, besonders vom Strukturwandel betroffenen Regionen zum Ausgleich ihrer Standortnachteile und zur Überwindung ihrer Arbeitsmarktprobleme gezielt Standortvorteile in Form von Subventionen zur Ansiedlung von Unternehmen einzuräumen, kommt nicht umhin, zugleich auch entsprechende Wettbewerbsnachteile der übrigen Regionen in Kauf zu nehmen.« Insgesamt ließe sich die erhoffte Wirkung einer langfristigen Standortbindung damit nicht erreichen, und oft würden nur Mitnahmeeffekte bei den Unternehmen ausgelöst. Hartmut Schauerte, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, verweist auf die Zahlungen, die Deutschland aus den EU-Strukturfonds erhält: »In der laufenden Förderperiode 2007–2013 werden rund 26,3 Mrd. € aus den EU-Strukturfonds nach Deutschland fließen.« Auch habe die Europäische Kommission versichert, dass im Fall Nokia keinerlei EUStrukturfondsmittel geflossen seien. Denn ein »Subventionswettlauf«, in dem eine Region die andere mit noch besseren Förderkonditionen zu überbieten versuche, sei nicht im Sinne der EU-Kohäsionspolitik. Markus Pieper, Mitglied des Europäischen Parlaments, unterstreicht die Notwendigkeit von Transparenz. Leider lasse sich auf Grundlage eines recht allgemeinen Berichtswesens der Mitgliedstaaten die Zweckbindung von Subventionen nur schwer überprüfen. Eine wirksame Kontrolle der »seit der Lissabon-Strategie so populären Wachstumskomponente« gebe es in der europäischen Regionalpolitik nur ansatzweise. Deshalb fordern Kommission und Europaparlament schon seit 2006 die so genannte »Endbegünstigtentransparenz «, da sich nur auf Basis der veröffentlichen Endempfänger eine echte Erfolgskontrolle der europäischen Strukturpolitik realisieren ließe. Christoph M. Schmidt, Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung (RWI), Essen, betont, dass es andere, weniger kostenintensive, anspruchsvollere Wege gebe, um für ansiedlungswillige Unternehmen attraktiv zu sein, als direkte Förderung. So gebe es z.B. aus Sicht der Unternehmen das Bedürfnis, einen konkreten und rasch zu erreichenden Ansprechpartner in den zuständigen Ministerien zu besitzen. Viel versprechend seien auch Investitionen in die Entwicklung einer qualitativ hochwertigen Bildungs- und Forschungsinfrastruktur.

Schlagwörter: Investitionspolitik, Subvention, Standortpolitik, Wettbewerb, EU-Strukturfonds, EU-Regionalfonds, Europäische Wirtschafts- und Währungsunion, Deutschland
JEL Klassifikation: F020,R120

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ifo Institut für Wirtschaftsforschung, München, 2008