Aufsatz in Zeitschrift

"Blue Card" oder nationale Qualifikationsoffensive - was wird aus dem Wissenschaftsstandort Deutschland?

Annette Schavan, Bernhard Kempen, Jürgen Wuttke, August-Wilhelm Scheer
ifo Institut für Wirtschaftsforschung, München, 2008

ifo Schnelldienst, 2008, 61, Nr. 02, 03-15

Die Europäische Kommission plant, mit einer »Blue Card« verstärkt Experten aus Drittstaaten zu locken. Wäre es nicht sinnvoller, in eine bessere Ausbildung im Inland zu investieren? Annette Schavan, Bundesministerin für Bildung und Forschung, stellt die vom Bundeskabinett am 9. Januar 2008 verabschiedete Qualifizierungsinitiative »Aufstieg durch Bildung« vor. Sie enthält Maßnahmen, die Bildungschancen zu stärken, die Durchlässigkeit im Bildungssystem zu erhöhen und innovative Impulse zusetzen. Es zeichne sich allerdings ab, dass »wir ohne gezielte Zuwanderung von Fachkräften nicht auskommen«. Angesichts der sehr heterogenen Arbeitsmarktverhältnisse in Europa könne aber eine einheitliche Regelung niemals den Bedürfnissen aller Länder gleichermaßen gerecht werden. Deshalb sei einer nationalen Zuwanderungslösung den Vorrang gegenüber einer europaweiten »Blue Card« zu geben. Aus Sicht des Wissenschaftlers und Universitätslehrers hat Bernhard Kempen, Präsident des Deutschen Hochschulverbandes, mit dem EU-Vorstoß durchaus Sympathie; denn gerade die Wissenschaft lebe von Mobilität, und für die Institution Universität sei der grenzüberschreitende Austausch unerlässlich. Leider sei zu bezweifeln, dass Europa im internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe attraktiv genug sei. Umso wichtiger seien zusätzliche Mittel zur Sicherung der Ausbildungsqualität. Für Jürgen Wuttke, BDA, wäre es nötig, vor allem für die Zielgruppe der hoch qualifizierten Zuwanderer ein klares positives Signal zu setzen und die Niederlassungserlaubnis für sie zu erleichtern. Darüber dürfe aber auch die Aktivierung und Qualifizierung des inländischen Erwerbspersonenpotentials nicht vernachlässigt werden. Nach Meinung von August-Wilhelm Scheer, Präsident des BITKOM, müssten sowohl der nationale Fachkräftemarkt entwickelt als auch die Zuwanderungsgesetzgebung modernisiert und das internationale Marketing des Arbeitsstandortes Deutschland verbessert werden. In diesem Kontext sei die »Blue-Card«- Initiative der Europäischen Kommission zu begrüßen. Leider habe die deutsche Politik das »Blue-Card«-Konzept abgelehnt, das sei umso schädlicher, da das nationale deutsche Zuwanderungssystem weiterhin nicht optimal sei.

Schlagwörter: Hochqualifizierte Arbeitskräfte, Naturwissenschaft, Ingenieure, Standort, Internationaler Wettbewerb, Ausländische Arbeitskräfte, Arbeitsnachfrage, Arbeitsmarktpolitik, Facharbeiter, Deutschland
JEL Klassifikation: J200,J210

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ifo Institut für Wirtschaftsforschung, München, 2008