Volkswirtschaftliche Kosten einer Wiedereinführung der Wehrpflicht oder eines sozialen Pflichtjahres
Projektlaufzeit: Mai 2024 – Juli 2024
Bearbeitender Bereich:
Fragestellung und Ziele des Projekts
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat das sicherheitspolitische Umfeld in Europa massiv verschlechtert. Als Reaktion wird in Deutschland eine Wiedereinführung der Wehrpflicht diskutiert. Mit ihr wird die Hoffnung verbunden, die personellen Engpässe der Bundeswehr zu überwinden, die gesellschaftliche Resilienz zu erhöhen und eine Aufwuchsfähigkeit für den Konfliktfall zu garantieren. In diesem Projekt werden verschiedene Szenarien für eine Wehrpflicht entworfen und ihre jeweiligen volkswirtschaftlichen Kosten berechnet. So mit einem Preisschild versehen kann die Wehrpflicht gegenüber anderen sicherheitspolitischen Maßnahmen abgewogen werden.
Methodische Vorgehensweise
Die volkswirtschaftlichen Kosten einer Wehrpflicht werden über ein „Overlapping-Generations-Modell“ ermittelt. Die Kalibrierung erfolgt gemäß Demografie- und Wirtschaftsdaten für Deutschland im Jahr 2023. Die drei zu untersuchenden Szenarien unterscheiden sich in dem Anteil einer Alterskohorte, der im Rahmen einer Wehrpflicht eingezogen wird: 5%-Szenario („schwedische Modell“), 25%-Szenario („alte Wehrpflicht“) und 100%-Szenario („soziales Pflichtjahr“). In dem Modell bedeutet Wehrpflicht für die Eingezogenen, dass sie für ein Jahr ihre gesamte Arbeitskraft für einen relativ geringen Wehrsold der Bundeswehr zur Verfügung stellen müssen. Das verzerrt ihre späteren Berufs- und Bildungsentscheidungen. Zudem sind Steuererhöhungen für die Finanzierung des Wehrsolds notwendig. Wir quantifizieren die daraus resultierenden volkswirtschaftlichen Kosten. Außerdem gleichen wir die Kosten zwischen einer Wehrpflicht und einer vergleichbaren Marktlösung ab. Dabei wird für jedes Szenario eine Marktlösung untersucht, die den gleichen Zuwachs beim Arbeitskräfteangebot für die Bundeswehr generiert, aber auf Marktmechanismen statt Pflicht setzt.
Ergebnisse
Unser Modell quantifiziert den Rückgang des privaten Konsums in Folge der Wiedereinführung einer Wehrpflicht auf 4 Mrd. Euro im 5%-Szenario, 20 Mrd. Euro im 25%-Szenario und 79 Mrd. Euro im 100%-Szenario. Dem gegenüber wäre eine Marktlösung mit einem Rückgang von 3 Mrd. Euro im 5%-Szenario, 14 Mrd. Euro im 25%-Szenario und 56 Mrd. Euro im 100%-Szenario zwar deutlich günstiger, die Belastung wäre aber weiterhin hoch. Die von der Wehrpflicht verursachten gesamtwirtschaftlichen Kosten werden im unterschiedlichen Maße von Wehrpflichtigen und Nicht-Wehrpflichtigen getragen. Während Wehrpflichtige im 5%-Szenario einen Rückgang ihres Konsums um 2,7% erleben, konsumieren die Nicht-Wehrpflichtigen praktisch unverändert wie im Status Quo. Die Last einer Wehrpflicht ist also sehr ungleich auf die Individuen aufgeteilt. Bei der Marktlösung gibt es dagegen keine Unterschiede innerhalb der Gesellschaft. Jeder beteiligt sich über die Steuern gleichermaßen an den Kosten.
Publication
Volkswirtschaftliche Kosten einer Wiedereinführung der Wehrpflicht oder eines sozialen Pflichtjahres
ifo Institut, München, 2024
ifo Forschungsberichte / 144
Publication
Volkswirtschaftliche Kosten einer Wiedereinführung der Wehrpflicht oder eines sozialen Pflichtjahres
ifo Institut, München, 2024
ifo Forschungsberichte / 144