ifo Bildungsbarometer 2023: Was die Deutschen über die Qualität der Schulen denken
Wie bewerten die Deutschen die Schulen in ihrem Bundesland? Wo sehen sie ernsthafte Probleme im Schulsystem? Und welche Lösungsansätze werden präferiert – beispielsweise für den Lehrkräftemangel? Diese und weitere Fragen untersucht das ifo Bildungsbarometer 2023.
Einige Befunde des ifo Bildungsbarometers 2023
Im ifo Bildungsbarometer 2023 zeigt sich eine deutliche Verschlechterung in der Bewertung der Schulen: Lediglich 27% der Deutschen geben den Schulen in ihrem Bundesland die Note 1 oder 2 – 2014 waren es noch 38%. 79% sind der Meinung, dass sich die Schulbildung durch die Corona-Pandemie verschlechtert hat. Als ernsthaftes Problem sehen die meisten Deutschen den Lehrkräftemangel (77%), gefolgt von fehlenden finanziellen Mitteln (68%) und der Trägheit des Systems (66%). Gegen den Lehrkräftemangel unterstützen die Befragten die Nachqualifizierung von Lehrkräften in Mangelfächern (79%) sowie den Einsatz von Quereinsteiger*innen (64%), lehnen aber größere Klassen ab (81%). Mehrheitlich befürworten sie deutschlandweit einheitliche Abiturprüfungen (86%) und Vergleichstests in Mathematik und Deutsch (68%). Sie sprechen sich gegen die Abschaffung von Schulnoten (73%) und für Klassenwiederholungen bei schlechten Leistungen (78%) aus. 78% befürworten, dass alle Schulen einheitliche Jahresberichte veröffentlichen müssen. Die Deutschen sind dafür, dass der Bund alle Schüler*innen an weiterführenden Schulen mit Computern ausstattet (65%) und Lehrkräfte Fortbildungen zur Digitalisierung machen müssen (81%). Knappe Mehrheiten lehnen Unterricht zum Umgang mit Künstlicher Intelligenz und Chatbots ab (54%) und befürworten Prüfungsformen, die deren Verwendung verhindern (55%). 74% sind für höhere Bildungsausgaben – deutlich mehr als für andere Staatsausgaben.
Regionale Befunde des ifo Bildungsbarometers 2023
Aufgrund einer umfangreichen Stichprobenziehung erlaubt das ifo Bildungsbarometer 2023 erstmals repräsentative Auswertungen ausgewählter Fragen in sieben deutschen Regionen. Dabei zeigen sich deutliche regionale Unterschiede in der Bewertung der Schulen: In Bayern geben 41% der Befragten den Schulen in ihrem Bundesland die Note 1 oder 2, in Nordrhein-Westfalen lediglich 20%. Den Lehrkräftemangel halten zwischen 74% in Bayern und 82% in der Region Mitte-Ost für ein ernsthaftes Problem. Zwischen 58% (Bayern und Nord-West) und 66% (Mitte-West) sehen in Lernrückständen durch Corona ein ernsthaftes Problem. In Nordrhein-Westfalen empfinden 66% nicht ausreichend sanierte Schulgebäude als ernsthaf-tes Problem, in Bayern 47%. Bildungspolitik ist für die große Mehrheit (78%) der Befragten wichtig für die persönliche Wahlentscheidung bei Landtagswahlen, insbesondere in Mitte-Ost (84%) und Nord-Ost (83%). In den meisten Regionen ist eine absolute Mehrheit (54% bis 61%) dafür, das Grundgesetz zu ändern, so dass bildungspolitische Entscheidungen grund-sätzlich von der Bundesregierung anstatt von den Bundesländern getroffen werden. Ledig-lich in Bayern (44% dafür, 42% dagegen) und Baden-Württemberg (46% dafür, 36% dage-gen) ist die Meinung dazu eher gespalten. In allen Regionen befürworten über 80% deutsch-landweit einheitliche Abschlussprüfungen für die verschiedenen Schulabschlüsse.
Befunde des ifo Bildungsbarometers 2023 zum Thema Chancenungleichheit im Bildungssystem
Im Rahmen der repräsentativen Meinungsumfrage des ifo Bildungsbarometers 2023 haben wir die Deutschen auch gefragt, was sie über Bildungsungleichheit in Deutschland und verschiedene Reformvorschläge dazu denken. Aufgrund einer umfangreichen Stichprobenziehung können die Meinungsbilder für einige Fragen nicht nur deutschlandweit, sondern auch regional ausgewertet werden. Deutliche Mehrheiten der Deutschen sehen ein (sehr) ernsthaftes Problem in der Chancenungleichheit zwischen Kindern mit und ohne Migrationshintergrund (62%) sowie zwischen Kindern aus guten bzw. schwierigen sozialen Verhältnissen (61%). Dieses Meinungsbild hat sich seit 2019 verschlechtert. Zudem fürchten 53%, dass die Digitalisierung zu einer größeren Ungleichheit im deutschen Bildungssystem führen wird. Als Maßnahmen für mehr Chancengleichheit befürworten die Deutschen ein Chancenbudget für Schulen mit vielen Schüler*innen aus benachteiligten Verhältnissen (69%) sowie die Nutzung eines Sozialindexes für Schulen (65%). Auch Gehaltszuschläge für Lehrkräfte an Schulen mit vielen Schüler*innen aus benachteiligten Verhältnissen werden mehrheitlich (55%) unterstützt. Eine Mehrheit (69%) ist zudem dafür, den Anteil an Schüler*innen mit ausländischer Staatsbürgerschaft und unzureichenden Sprachkenntnissen pro Schulklasse auf maximal 30% zu beschränken. Um den durch Corona versäumten Unterrichtsstoff nachzuholen, befürworten deutliche Mehrheiten verpflichtenden Förderunterricht und Ferienkurse für benachteiligte Schülergruppen.
Publikationen
Was denken die Deutschen zu Chancenungleichheit im Bildungssystem?
ifo Institut, München, 2023
ifo Schnelldienst, 2023, 76, Nr. 11, 33-39
Wie unterscheidet sich das Meinungsbild zu Schulen zwischen den deutschen Regionen? Regionale Ergebnisse des ifo Bildungsbarometers 2023
ifo Institut, München, 2023
ifo Schnelldienst, 2023, 76, Nr. 10, 29-34
Was die Deutschen über die Qualität der Schulen denken – Ergebnisse des zehnten ifo Bildungsbarometers 2023
ifo Institut, München, 2023
ifo Schnelldienst, 2023, 76, Nr. 09, 37-50
Projekt
Das ifo Bildungsbarometer wurde vom ifo Zentrum für Bildungsökonomik im Rahmen des von der Leibniz-Gemeinschaft geförderten SAW-Projekts „Die politische Ökonomie der Bildungspolitik: Erkenntnisse aus einer Meinungsumfrage“ entwickelt und wird seit einigen Jahren durch den Sonderforschungsbereich Transregio 190 der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt. Basis des ifo Bildungsbarometers ist eine jährliche Meinungsumfrage. Im Jahr 2023 wurden hierfür mehr als 5.500 Personen befragt, die eine repräsentative Stichprobe der erwachsenen Bevölkerung zwischen 18 und 69 Jahren in Deutschland darstellen.
Die politische Ökonomie der Bildungspolitik: Erkenntnisse aus einer Meinungsumfrage
Januar 2014 - Dezember 2017
Schlagworte
Qualität der Schule, Lehrkräftemangel, Digitalisierung, Bildungspolitik